Victoria: Melbourne Stories

Temperaturmäßig war die Ankunft in Melbourne ein rechter Schock – 8°C, der Atem kondensierte. Das hab ich schon eine Weile nicht mehr gesehen.

Die Highlights vom Melbourne waren für mich aber eh die Typen die ich im Hostel kennen lernte. Angefangen mit einem Engländer, der Freitag Abends in Melbourne ankam und ein Bett bei uns im Dorm hatte. Er wollte eigentlich nach Australien weil er kürzlich mit einer Australierin zusammen kam und nun dort mit ihr Leben wollte. Dafür ließ er Zuhause seine Frau mit zwei Kindern sitzen und kündigte seinen Job. Die australische Freundin verließ ihn dummerweise aber nachdem er die Tickets gekauft hatte. Dumm gelaufen, dachte er sich, aber was soll’s mach ich halt ein paar Wochen Urlaub in Australien. Er ging an diesem Freitag Abend aus und kam nach ca. zwei Stunden schon wieder in Hostel zurück, alle anderen noch nicht mal ausgehfertig. Alles sei Scheiße in Melbourne, es gebe nicht einen “decent pub” in der ganzen Stadt und überhaupt. Das war sein großes Problem mit Melbourne. Viel Trösten und gutes Zureden half alles nichts. Er zeigte uns die halbe Nacht Bilder von seinen Kindern die er bereits vermisst und auch von seiner Frau mit der es ja jetzt vielleicht doch wieder was wird. Er erzählte uns Geschichten aus seiner kleinen Stadt mit dem Pub in der jeder jeden kennt und in dem man sich einfach an den Tresen setzen und sich betrinken konnte. Nicht wie hier, wo alle unfreundlich und böse sind. Ja es hat sich wohl ein Obdachloser erdreistet und ihn um ein bisschen Kleingeld gebeten. Auch das hat ihn schwer schockiert. Das wäre ihm Zuhause nicht passiert, wie er beschwor. Nun kam es wie es kommen musste und er bekam am nächsten Tag ein Flugticket zurück nach England und beendete damit seine nicht einmal 24 Stunden dauernde Australien Odysee.

Im gleichen Zimmer nächtigte ein zweiter Glückloser. Ein Algerischer Arzt mittleren Alters, der mit seiner Frau nach Australien zog oder Urlaub machte, das weiß ich nicht mehr genau. Auf jeden Fall verließ auch ihn seine Frau und verschwand mit all seinen Sachen. Aus Scham wollte der Mann nicht zurück nach Algerien. Was sollen auch die Freunde und Nachbarn sagen wenn seine Frau einfach abhaut. Also beschloss er in Australien zu bleiben. Dort wollte er als Arzt arbeiten. Pech nur, dass dort sein Abschluss nicht anerkannt wurde. So studierte er Medizin in Melbourne und wohnte aus Geldmangel in einem 6er Dorm in der Innenstadt.

Arzt aus Algerien im Dorm vor seinem Stockbett
"Arzt" aus Algerien

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